Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Bertha Krupp von Bohlen und Halbach
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (7. August 1870 - 16. Januar 1950), Bertha Krupp von Bohlen und Halbach (29. März 1886 - 21. September 1957)
Gustav von Bohlen und Halbach, fünfter Sohn von sieben Kindern von Gustav (1831 - 1890) und Sophie (1837 - 1915) von Bohlen und Halbach, besucht in Karlsruhe das Gymnasium und studiert anschließend Rechts- und Staatswissenschaften. Nach seiner Promotion 1893 tritt er in den badischen Staatsdienst, 1897 in das Auswärtige Amt in Berlin ein. Seit 1899 ist er als Legationssekretär zunächst an der Botschaft in Washington, dann an der Gesandtschaft in Peking tätig. 1904 wird er an die preußische Gesandtschaft beim Vatikan berufen und lernt in Rom Bertha Krupp kennen.
Bertha Krupp, die ältere Tochter von Friedrich Alfred Krupp (1854 - 1902) und Margarethe Krupp (1854 - 1931), wird zunächst gemeinsam mit ihrer Schwester Barbara (1887 - 1972) privat in der Villa Hügel unterrichtet. Ergänzend besuchen die Schwestern eine Haushaltungsschule für höhere Töchter in Baden-Baden. Nach dem Tod ihres Vaters 1902 wird Bertha Krupp Inhaberin des Unternehmens, das seit 1903 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt, dabei aber weitestgehend im Familienbesitz bleibt. Da Bertha Krupp noch minderjährig ist, nimmt ihre Mutter, Margarethe Krupp, deren Rechte als Inhaberin wahr. 1906 heiratet Bertha Krupp den Legationsrat Gustav von Bohlen und Halbach, der bei der Hochzeit durch königlich-preußischen Erlass das Recht erhält, seinem Familiennamen den Namen Krupp voranzustellen. Dem Paar werden sechs Söhne und zwei Töchter geboren: Alfried (1907-1967), Arnold (1908 - 1909), Claus (1910 - 1940), Irmgard (1912 - 1998), Berthold (1913 - 1987), Harald (1916 - 1983), Waldtraut (1920-2005) und Eckbert (1922 - 1945).
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wird Ende 1906 in den Aufsichtsrat der Fried. Krupp AG berufen und ist dessen Vorsitzender von 1909 bis Ende 1943. In dieser Zeit werden die wirtschaftliche und die Produktentwicklung des Krupp-Konzerns maßgeblich durch die allgemeinen politischen Ereignisse bestimmt: die Ausweitung des Rüstungsbereichs im Ersten Weltkrieg, die Produktionsumstellung als Folge des Versailler Vertrags, die Finanzkrise des Unternehmens 1924/25 und seine Einbindung in die nationalsozialistische Autarkie- und Rüstungspolitik mit der erneuten Umstellung der Produktion. Wichtige neue Produkte dieser Periode sind die bei Krupp entwickelten nicht rostenden säurebeständigen Stähle (NIROSTA, V2A), das vor allem für Werkzeuge eingesetzte WIDIA-Hartmetall, Lokomotiven und Lastkraftwagen. Die Zahl der Mitarbeiter im Gesamtkonzern schwankt extrem: zwischen 168.000 am Ende des Ersten Weltkrieges, 30.300 in der Weltwirtschaftskrise 1932 und 243.300 im Jahr 1943.
Gustav und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach fühlen sich stark auch der sozialen Tradition des Hauses verpflichtet. So werden die betrieblichen Sozialleistungen, insbesondere der Bau von Werkssiedlungen, fortgesetzt. Es entsteht eine Stiftung für häusliche Krankenpflege. Für kranke Mitarbeiter und ihre Angehörige gibt es Erholungshäuser und eine Zahnklinik. Nach dem frühen Tod des zweiten Sohnes wird das Arnoldhaus für Wöchnerinnen gestiftet. Fortgesetzt wird auch die Tradition, dass Mitglieder der Inhaberfamilie langjährige Mitarbeiter zu besonderen Gelegenheiten, z.B. Goldhochzeiten, persönlich besuchen.
Gustav Krupp von Bohlen und Halbachs Wirksamkeit greift, sicher auch begünstigt durch seine vorherige diplomatische Tätigkeit, über den Rahmen des Unternehmens hinaus. 1921 wird er Mitglied des Preußischen Staatsrats, 1924 zum Präsidenten des Aufsichtsrats der für die Abwicklung der Reparationen geschaffenen Bank für Deutsche Industrieobligationen gewählt und seit 1934 ist er im Verwaltungsrat der Reichsbahngesellschaft tätig. Sehr intensiv arbeitet er seit ihrer Gründung als Senator und 1. Vizepräsident in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (heute Max-Planck-Gesellschaft) mit und ist auch in den Aufsichtsorganen einiger Kaiser-Wilhelm-Institute tätig. Gemeinsam mit seiner Frau fördert er die Tätigkeit des Deutschen Museums für Naturwissenschaften und Technik in München. 1931 übernimmt er das Präsidium des Reichsverbands der Deutschen Industrie und führt 1933 dessen Umgestaltung zu dem nach dem Führerprinzip organisierten Reichsstand der Deutschen Industrie durch. 1934 legt er das Amt nieder. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach hat sich vor 1933 nicht für Hitler oder die NSDAP eingesetzt, nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler spricht er sich dann aber, aus seiner staatsloyalen Grundhaltung heraus, im Sinne des bestehenden Staates aus. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wird erst 1940 dadurch Mitglied der NSDAP, dass Adolf Hitler ihm anlässlich seines 70. Geburtstages das Goldene Ehrenzeichen der NSDAP überreicht.
Ende 1943 legt Gustav Krupp von Bohlen und Halbach den Vorsitz im Aufsichtsrat der Fried. Krupp AG nieder. Der älteste Sohn Alfried wird mit der Umwandlung des Unternehmens in eine Einzelfirma Alleininhaber. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wird 1945 in Nürnberg vor dem Internationalen Gerichtshof in dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher mit angeklagt. Er ist jedoch nach einem Autounfall im Dezember 1944 und nach mehreren Schlaganfällen nicht mehr verhandlungsfähig. Bertha Krupp von Bohlen und Halbach obliegt - gemeinsam mit einer Krankenschwester - die jahrelange Pflege des Schwerstkranken in einem kleinen Nebengebäude der von den Alliierten beschlagnahmten Besitzung Blühnbach bei Salzburg, wo das Ehepaar seit Sommer 1944 lebt. Nach dem Tod ihres Gatten im Januar 1950 kehrt Bertha Krupp von Bohlen und Halbach nach Essen zurück und erlebt hier noch den Wiederaufstieg des Unternehmens. Die Villa Hügel ist jetzt zwar nicht mehr Wohnsitz der Familie, dient aber - nach der Freigabe durch die Alliierten - wieder als Repräsentationsort des Unternehmens, wo Alfried und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach Gäste aus aller Welt empfangen.