Heinrich Thyssen-Bornemisza
(31. Oktober 1875 - 26. Juni 1947)
Der jüngste Sohn von August Thyssen (1842 - 1926) und Hedwig Pelzer (1854 - 1940) studiert Chemie, Physik und Mineralogie in München, Berlin, Bonn und Heidelberg, wo er 1900 im Fach Chemie promoviert wird.
Nach seiner Heirat mit der ungarischen Baronesse Margareta Bornemisza (1887 - 1971) adoptiert ihn sein Schwiegervater, der keinen männlichen Erben hat. Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn, verleiht Heinrich Thyssen und seinen Nachfahren 1907 das Recht, Namen und Wappen der Bornemisza de Kászon sowie das Adelsprädikat Baron zu führen. Die ungarische Staatsbürgerschaft behält Heinrich Thyssen-Bornemisza bis zu seinem Tod 1947, dennoch agiert er in den 1920er- und 1930er-Jahren zeitweise deutschnational. Der Ehe entstammen vier Kinder, u. a. Hans Heinrich (1921 - 2002). Nach dem Ersten Weltkrieg und Flucht aus Ungarn übersiedelt Heinrich Thyssen-Bornemisza mit seiner Familie nach Den Haag, wo er die Leitung der Thyssenschen Auslandsinteressen übernimmt, deren bedeutendste inzwischen die Bank voor Handel en Scheepvaart geworden ist. Heinrich Thyssen-Bornemisza vermeidet unternehmerische Abhängigkeiten, weshalb er es nach dem Tod des Vaters 1926 ablehnt, sich mit seinem Erbe an dem neu entstehenden Trust Vereinigte Stahlwerke AG zu beteiligen. Aus diesem Grund wird das industrielle Erbe August Thyssens zwischen seinen Söhnen Fritz und Heinrich aufgeteilt. Heinrich Thyssen-Bornemisza übernimmt diejenigen Vermögenswerte, die nicht auf die Vereinigte Stahlwerke AG übergehen, insbesondere die niederländischen Bank-, Handels- und Transportgesellschaften, aber auch deutsche Firmen (August Thyssen-Bank AG, Preß- und Walzwerk AG, Thyssensche Gas- und Wasserwerke GmbH u. a.), die er zunächst in der August Thyssensche Unternehmung des In- und Auslandes GmbH zusammenfasst. Die meisten Firmen werden später in einer selbstständigen Unternehmensgruppe Thyssen-Bornemisza organisatorisch vereint, die sich in den folgenden Jahrzehnten zu einer vorwiegend international tätigen Holding für zahlreiche, breitgefächerte industrielle und Dienstleistungsaktivitäten entwickelt.
Während Heinrich Thyssen-Bornemisza als Unternehmer erfolgreich ist, aber bewusst in der Anonymität wirkt, wird er als Kunstsammler und Kunstkenner international bekannt und berühmt. Im Laufe der 1920er-Jahre trägt Heinrich Thyssen-Bornemisza eine Kunstsammlung zur europäischen Malerei vom 14. bis zum frühen 19. Jahrhundert von beträchtlichem Umfang und von höchster Qualität zusammen. 1932 erwirbt er die Villa Favorita in Castagnola-Lugano, siedelt nach dort über und richtet einen großzügigen Galerietrakt für seine Kunstsammlung ein. Nach seinem Tod 1947 macht sein Sohn Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza die Galerie öffentlich zugänglich.